Wie du Probleme in 6 Schritten löst

Kennst du das auch?

Du stehst vor einem riesigen Problem. Bist unzufrieden. Aber hast keine Ahnung, was du dagegen tun kannst.

In meinem heutigen Artikel erkläre ich dir Schritt für Schritt, was du tun kannst, um jedes Problem zu lösen.

Dabei orientiere ich mich am Konzept des Problemlösens, welches ursprünglich von D’Zurilla und Goldfried (1971) erarbeitet und von Kaiser und Hahlweg (2009) weiterentwickelt wurde. Es besteht in dieser Form aus den folgenden Schritten:

  1. Problem und Ziel definieren
  2. Lösungsmöglichkeiten entwickeln
  3. Bewerten der Lösungsmöglichkeiten
  4. Entscheidung für die beste(n) Lösungsmöglichkeit(en)
  5. Planung der Umsetzung
  6. Rückblick und Bewertung

Am Beispiel meiner eigenen Erfahrung mit einer schwierigen Situation werde ich alle Schritte erklären und darstellen. Du kannst in diesem Artikel über sozialen Stress zwischen Gruppen mehr über mein Problem lesen.

Aber ich fasse das Problem auch hier nochmal kurz zusammen, falls du den ausführlichen Artikel dazu nicht oder erst später lesen möchtest:

Ich hatte nach dem Studium meinen ersten Job als Psychologin in einer Klinik begonnen, worauf ich mich tierisch gefreut hatte. Am meisten wollte ich zu dem Kollegium dazugehören und mich als Teil des Teams begreifen. Jedoch bemerkte ich relativ schnell, dass das Team in zwei Lager gespalten war, und von mir erwartet wurde, dass ich mich einem Lager anschloss.

Die Stimmung war fürchterlich angespannt, und ich hatte Angst, mich für das falsche Lager zu entscheiden. Bzw. eigentlich wollte ich mich gar nicht für eins entscheiden, denn in meiner romantischen Vorstellung waren wir alle eine friedlich zusammenarbeitende Gruppe, die sich gut verstand und durch das gemeinsame berufliche Interesse zusammengeschweißt wurde.

Pustekuchen!

Damals stand ich vor einer ziemlich großen Herausforderung. Denn eine Entscheidung für eine der beiden Gruppen hätte gleichzeitig eine Entscheidung gegen die andere bedeutet. Und da offensichtlich gegeneinander Stimmung gemacht wurde, wäre ich zwar zugehörig zu einer Gruppe gewesen, hätte mich aber der Gruppennorm beugen und Stimmung gegen die andere Gruppe machen müssen. Diese Art von Gruppendruck wollte ich allerdings nicht mitmachen.

Aber kommen wir mal zu der Lösung des ganzen Dilemmas:

 

  1. Definiere sowohl das Problem als auch das Ziel

Zunächst ist es wichtig, das Problem und das gewünschte Ziel zu definieren. Allerdings finde ich beides für sich genommen schon so komplex, dass ich das hier nochmal unterteile.

 

  1. a) Problem definieren: Wie ist der Ist-Zustand?

Tja, was war also mein Problem genau? Ich war neu, es wurde von mir erwartet, mich einer der beiden Gruppen des großen Teams anzuschließen, obwohl ich eigentlich lieber friedlich mit allen zusammen gearbeitet hätte. Dazu fühlte ich mich stark unter Druck gesetzt, gegen andere Kollegen zu wettern und über diese zu lästern, was ich moralisch ziemlich verwerflich fand und nicht wollte. Generell war die Stimmung mies, und es gab fast täglich Streit unter den Kollegen.

Klingt erstmal ziemlich diffus und schwer zu bewältigen, nicht wahr?

Das liegt vermutlich daran, dass mein Problem damals quasi aus mehreren Teilproblemen bestand:

  • Ich war neu und konnte die Situation nur schwer einschätzen.
  • Ich wurde unter Druck gesetzt, mich einem Lager anzuschließen.
  • Gleichzeitig drohte mir der Ausschluss aus einem der beiden Lager, für das ich mich nicht entschied.
  • Ich wollte doch so gerne in einem funktionierenden, harmonischen Team arbeiten und war enttäuscht über die Situation.
  • Ich wollte kein unmoralisches Verhalten gegenüber anderen zeigen und fühlte mich in dem Kollegium unwohl.

Es ist wichtig, wenn du dich mit deinen Problemen befasst, dass du dir bewusst machst, ob es möglicherweise ebenfalls aus Teilproblemen besteht. Denn ein großes, unüberschaubares Kuddelmuddel an Problemen lässt sich viel schwerer bewältigen als überschaubare Teilprobleme. So steigt die Wahrscheinlichkeit, dass du sie erfolgreich bewältigen kannst.

Dieser Schritt kann eine ganze Weile dauern. Mach dir bewusst, dass je komplexer dein Problem ist, du umso länger brauchst, um Klarheit darüber zu bekommen.

Mir hat es damals geholfen, viel mit meinen Freundinnen darüber zu sprechen. Einerseits hat es gut getan, meinen Frust über diesen ganzen Mist loszuwerden. Und andererseits konnten sie mir ihre Einschätzung der Situation geben, was zur Klärung des Problems beigetragen hat. Durch die Rückmeldung meiner Freundinnen („Geht ja gar nicht!“, „Wie können die sowas von dir erwarten?“, „Du bist doch noch neu da, das ist doch erstmal anstrengend genug“, „Kann verstehen, dass du enttäuscht bist und einen anderen Berufseinstieg erwartet hattest“) wurde mir nochmal bewusster, was mich genau störte und warum.

Oft sind wir einfach erstmal relativ unspezifisch unzufrieden, eventuell wissen wir gar nicht warum. Ohne ein konkretes Problembewusstsein machen wir uns aber häufig gar keine Gedanken darüber, wie wir es denn lieber hätten und – am allerwichtigsten – dass wir überhaupt etwas an unserer Unzufriedenheit ändern können.

Als kleinen Trick am Rande kannst du dir hierbei ebenfalls überlegen, ob du ähnliche Probleme früher schon einmal hattest. Eventuell kannst du auf Kompetenzen, Erfahrungen oder andere Ressourcen zurückgreifen, die dir damals geholfen haben, um auch das aktuelle Problem zu bewältigen.

Fazit

Mache dir bewusst, was dich genau stört, wie der störende Ist-Zustand ist, und ob das Problem evtl. aus mehreren Teilproblemen besteht. Schreibe das Problem / die Teilprobleme ebenso auf wie Ähnlichkeiten zu früher bewältigten Problemen.

 

  1. b) Ziel definieren: Bestimme den Soll-Zustand

Wenn du geklärt hast, was das Problem genau ist, hast du einen großen Schritt bereits getan! Auch wenn es erst einmal unangenehm sein kann, sich mit Problemen zu beschäftigen, ist es meistens zunächst erleichternd, zu verstehen, was genau stört und warum.

Außerdem wird dadurch klarer, wie man es denn statt dessen lieber hätte.

Für mich war damals klar, dass dieser Zustand irgendwie ein Ende haben muss. Auf Dauer hätte ich so eine Situation nicht ausgehalten.

Mein Soll-Zustand war es also, eine Arbeit zu haben, mich nicht von Kollegen unter Druck setzen zu lassen und kein unfaires Verhalten anderen Kollegen gegenüber zu zeigen.

Klingt in dem Zusammenhang erst einmal unrealistisch? Jo, fand ich damals auch! Dennoch ist es wichtig, sich Ziele zu setzen. Denn ein Ziel vor Augen zu haben liefert die Motivation und die nötige Aktivität, um den unangenehmen Ist-Zustand zu verändern und das Problem zu lösen. Die Diskrepanz zwischen Ist- und Soll-Zustand wird so nochmal deutlicher. Und Nichtstun erhöht im Normalfall nicht die Wahrscheinlichkeit, dass Probleme sich von selbst lösen.

Es ist ein Unterschied, ob du dir gänzlich unmögliche Ziele setzt (wie ich möchte von heute auf morgen 100kg abnehmen), oder ob Ziele unrealistisch erscheinen, obwohl sie realistisch, aber lediglich herausfordernd sind.

Fazit

Selbst wenn es zunächst noch etwas unrealistisch scheint: Definiere ein Ziel, deinen gewünschten Soll-Zustand für das Problem.

 

  1. Entwickele Lösungsmöglichkeiten

So, jetzt geht’s ans Eingemachte! Ärmel hochkrempeln, aktiv werden! Denn irgendwie müssen ja wir zum Ziel kommen, oder?

Kaiser und Hahlweg (2009) schlagen dazu wildes Brainstorming vor. Naja, das wild habe ich ergänzt 😉 Aber mal im Ernst: Das bedeutet, dass man erst einmal alles aufschreibt, was einem überhaupt an Lösungsmöglichkeiten einfällt, und sei es noch so unrealistisch. Ja, auch hier wieder.

Denn: Es geht darum, zunächst ein möglichst großes Repertoire an Ideen für eventuelle Lösungen zu erhalten und NICHT, diese von vornherein zu bewerten und schlimmstenfalls vorzeitig auszuschließen. Auch wenn Wege auf den ersten Blick unrealistisch erscheinen, lassen sie sich ggf. doch oder teilweise nutzen und umsetzen.

Je mehr Möglichkeiten du zur Hand hast, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit und Überzeugung, das Problem bewältigen zu können. Und dafür muss es erlaubt sein, kreativ zu denken und auch absurd oder extrem erscheinende Lösungen zumindest in Betracht zu ziehen.

Hier findest du meine Brainstorming-Liste, die ich mir damals für mein großes Problem inkl. meiner Teilprobleme zusammengesammelt habe:

  • Kündigen
  • Neuen Job suchen
  • Um Versetzung auf andere Station bitten
  • Mit den Kollegen reden und versuchen, den Streit zu schlichten
  • Mich einer Gruppe anschließen
  • Mich keiner Gruppe anschließen – Außenseiter sein
  • Meinen Vorstellungen von moralischem und kollegialem Verhalten treu bleiben, mich nicht zu Verhalten zwingen lassen, was ich nicht will
  • Mein Bedürfnis nach Zugehörigkeit in anderen Gruppen befriedigen (z.B. bei meinen Freundinnen)
  • Akzeptieren, dass meine Erwartungen bzgl. Teamarbeit enttäuscht werden
  • Kündigen ohne neuen Job
  • Problem aufschieben, erstmal in die neue Stelle einarbeiten
  • Alles schmeißen und auswandern
  • Hoffen, dass die Team-Supervision hilft und das Problem sich von alleine löst
  • Situation ertragen, Stressabbau über Freunde, Sport, emotionale Distanz zur Arbeit
  • Aussicht auf Besserung, da Stelle auf 1 ½ Jahre begrenzt
  • An der Situation wachsen, selbstbewusster werden, lernen mich abzugrenzen und mir treu zu bleiben

 

Fazit

Schreibe ALLE möglichen Lösungen auf, die dir einfallen. Wirklich alle! Bewerte sie nicht voreilig, und nimm’ auch extrem oder absurd erscheinende Lösungen mit auf.

 

  1. Bewertung der Lösungsmöglichkeiten

Nun geht’s darum, sich aus der langen Liste an Optionen die beste(n) herauszusuchen. Die Autoren schlagen dafür vor, sich jeden Punkt systematisch vorzuknöpfen und hinsichtlich Vor- und Nachteilen zu bewerten. Dazu empfehlen sie die Anwendung der sogenannten „2-Spalten-Technik“, was letztendlich bedeutet, pro Lösung eine Tabelle mit zwei Spalten für jeweils Vor- und Nachteile der Lösung anzulegen.

Weiter raten sie, sich darüber Gedanken zu machen, was natürlich auf einen selbst zukommst. Aber darüber hinaus auch noch, welche Veränderungen sich durch die mögliche Lösung für das Umfeld ergeben könnten, sowohl kurzfristig als auch langfristig.

Ich persönlich erweitere gerne die „2-Spalten-Technik“ in ein „4-Felder-Schema“: Das heißt, man unterteilt die zwei Spalten der Tabelle (Vor- und Nachteile) nochmal in kurzfristige und langfristige Vor- und Nachteile. Denn so hat man alles auf einen Blick.

Später können die einzelnen Vor- und Nachteile noch gewichtet werden. Welche Punkte wiegen jeweils besonders schwer? Welche beeinflussen die Entscheidung am meisten? Gibt es ein KO-Kriterium für eine Lösung?

Hier siehst du, wie ich die Lösungsmöglichkeit „Job kündigen“ systematisch bewertet habe, indem ich kurz- und langfristige Vor- und Nachteile für mich und auch meinen Mann aufgezählt habe. Rot markierte Aspekte wogen damals für mich besonders schwer.

 

Mein 4-Felder-Schema zur Bewertung der kurz- und langfristigen Vor- und Nachteile der Lösung "Kündigen" - rot markiert sind besonders wichtige Aspekte
Mein 4-Felder-Schema zur Bewertung der kurz- und langfristigen Vor- und Nachteile der Lösung „Kündigen“ – rot markiert sind für mich besonders wichtige Aspekte

 

Wie du siehst, sind einige meiner Überlegungen hypothetisch. D.h. man kann nicht immer im Voraus 100%ig sicher sein, wie die Ereignisse sich entwickeln. Es ist wichtig, sich mögliche Konsequenzen bewusstzumachen und abzuwägen. Sei dir allerdings bewusst, dass du mit jeder Entscheidung immer auch ein Risiko eingehst, dass unvorhergesehene Umstände eintreten, die von Nachteil sein können.

Fazit

Bewerte systematisch alle Lösungsmöglichkeiten hinsichtlich ihrer kurz- und langfristigen Vor- und Nachteile, auch für dein Umfeld. Mache dir bewusst, dass du nicht zu 100% alle Konsequenzen absehen kannst.

 

  1. Entscheide dich für die beste(n) Lösungsmöglichkeit(en)!

Letztendlich geht’s darum, eine Lösung zu finden, die möglichst viel positiven Nutzen und wenig Schaden / negative Konsequenzen mit sich bringt.

Nachdem ich damals alle meine Lösungsmöglichkeiten systematisch durchgegangen war, habe ich mich dafür entschieden, in Anbetracht der zeitlichen Begrenzung der Stelle dort zu bleiben, mich keiner Gruppe anzuschließen, meinen Vorstellungen von moralischem Verhalten treu zu bleiben und mich nicht zwingen zu lassen, über andere zu lästern, und zu riskieren, Außenseiter zu sein, mein Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit außerhalb der Arbeit befriedigen. Außerdem habe ich akzeptiert, dass meine Erwartungen bzgl. Teamarbeit dort nicht erfüllt wurden und mich emotional von diesem Bedürfnis distanziert.

Auf diese Weise hatte ich gefühlt zwar wenig Nutzen, denn die Erhaltung meines (geringen) Einkommens und die Einhaltung meines Zeitplans für die Ausbildung waren mir nicht so präsent wie die unangenehmen Erfahrungen, die ich jeden Tag bei der Arbeit machte.

Aber ich hatte eben nur die Wahl zwischen Regen und Traufe. Alles andere wäre in meiner damaligen Lebenssituation für mich zu schwer zu realisieren gewesen. Und die Lösung mit dem geringeren Schaden schien für mich in dem Moment zu sein, meine zwischenmenschlichen und emotionalen Kompetenzen zu stärken anstatt mich finanzieller Unsicherheit auszusetzen.

Fazit

Wähle diejenige(n) Lösungsmöglichkeit(en) aus, die dir am meisten Nutzen und am wenigsten Schaden bringen.

 

  1. Plane die konkrete Umsetzung deiner Lösung(en)!

Einen Plan zu haben ist die eine Sache. Einen Plan konkret in die Tat umzusetzen eine andere.

Also nochmal tief durchatmen vor dem Endspurt!

Zerlege deine Lösung(en) in möglichst viele kleine, überschaubare Einzelschritte. So musst du sie nur noch abarbeiten. Je nach Problem ist das unterschiedlich schwierig. Setze dir daher realistisch Ziele, die du auch erreichen kannst. Ggf. musst du hier nochmal dein Ziel aus Punkt 2 überdenken, wenn du feststellst, dass es doch zu unrealistisch war. Mache dir mögliche Hindernisse vorher bewusst und plane, wie du sie bewältigen kannst.

Dabei ist es ein Unterschied, ob du dich für eine Lösung entscheidest, die eine einmalige Handlung oder eine ganze Reihe von Handlungen bzw. Wiederholung einer Handlung beinhaltet. Je nachdem können sich neue Probleme ergeben, und der gesamte Problemlöseprozess startet wieder von vorn.

Für mich standen damals folgende Teilschritte auf dem Plan:

  • Akzeptieren, auch wenn es bitter ist, dass mein Bedürfnis nach Harmonie und Teamarbeit für mich bei dieser Arbeit enttäuscht bleibt.
  • Akzeptieren, dass die Stimmung unter den Kollegen angespannt ist.
  • Emotionale Distanz zu den Konflikten herstellen (die Konflikte waren vor mir schon da, haben nichts mit mir zu tun).
  • Entscheidung, dass ich mich keiner Gruppe anschließe.
  • Entscheidung, dass ich mich nicht zu Lästereien oder anderen unkollegialen Verhaltensweisen verleiten lasse.
  • Zuhause / mit meinen Freundinnen üben, mich klar abzugrenzen, wenn mich jemand dazu verleiten will.
  • Ebenfalls übern, mich abzugrenzen, wenn sich mir gegenüber jemand unkollegial verhält.
  • Mich in meiner Freizeit Gruppen anschließen, die mir gut tun, für die ich mich nicht verbiegen muss.
  • Die Stelle erst einmal behalten.
  • Ggf. Beschwerde über Kollegen einreichen, wenn ich grobes Fehlverhalten konkret mitbekomme.
  • Langfristig: Chef klarmachen, dass ich versetzt werden möchte, wenn im Unternehmen eine andere Stelle frei wird.
  • Notfallplan: Wenn die Situation eskaliert, kann ich immer noch kündigen.
  • Langfristig: Augen aufhalten für neue Stellen, ggf. nach halbem Jahr / Jahr wechseln, wenn sich was neues ergibt und die Situation bis dahin nicht besser ist.

 

Du siehst, dass viele der Schritte sich nicht zeitnah umsetzen lassen bzw. Wiederholung verlangen. Das erfordert ggf. ne Menge Energie und Frustrationstoleranz.

Aber auch wenn du das Gefühl hast, dass es dich erschlägt, was noch auf dich zukommt:

Mache dir bewusst, dass du einen Großteil der Arbeit schon mit der Vorbereitung getan hast. Die Abarbeitung der einzelnen Schritte fällt oft leichter, wenn du geklärt hast, was du tun möchtest und warum. Die Klärung des Problems und der Lösung sowie die Entscheidung für eine zu treffen sind oft die herausforderndsten Aspekte des Problemlösens.

Überfordere dich nicht, indem du diese Dinge übers Knie brechen willst. Suche dir bestenfalls jemanden, der dich bei diesen Prozessen unterstützt, und mit dem du alles besprechen und Vor- und Nachteile wälzen kannst.

Fazit

Zerlege deinen Lösungsweg in konkrete und überschaubare Handlungsschritte, die du abarbeiten kannst.

 

  1. Rückblick und Bewertung

Tja, und dann hast du es auch eigentlich schon geschafft.

Eigentlich 😉

Denn letztendlich bleibt noch offen zu überprüfen, ob du dein Problem denn tatsächlich gelöst hast.

Die Autoren schlagen vor, Tagebuch zu führen, um Erfolge in der Erledigung der einzelnen schritte festzuhalten. Wenn du meine bisherigen Artikel gelesen hast, weißt du, dass auch ich ein Verfechter der Selbstbeobachtung bin. Denn wenn du dich beobachtest, bekommst du wichtige Informationen über dich, dein Vorankommen, deine Bedürfnisse, Wünsche, Fähigkeiten, Kompetenzen und Stärken.

Wie du an meinem Beispiel siehst, war mein Problem nicht durch ein einmaliges Verhalten meinerseits gelöst. Vielmehr handelte es sich um einen Prozess, in dem ich die einzelnen Schritte immer wieder wiederholen musste. Denn manche Probleme, wie z.B. dass ich von Kollegen aufgefordert wurde zu lästern, haben sich wiederholt, so dass ich jedes Mal neu darauf reagieren musste.

Auch zu akzeptieren, dass ich enttäuscht war von meiner ersten Erfahrung in der Arbeitswelt, war ein Prozess.

Im Laufe der Zeit stellte ich aber fest, dass ich meine Schritte und Lösungen erfolgreich umgesetzt hatte:

Ich hatte immer noch meine Stelle, hatte mich dennoch dem Gruppendruck nicht gebeugt, mich keiner Gruppe angeschlossen und nicht über Kollegen hergezogen.

Ich hatte also mein Ziel erreicht!

Zudem war ich viel selbstbewusster geworden, hatte gelernt, mich abzugrenzen, standhaft zu bleiben und gesehen, dass ich in der Lage war, Probleme aktiv zu bewältigen. Auch wenn ich damals keine rundum schöne Zeit hatte, bin ich im Nachhinein froh, dass ich mich der Herausforderung gestellt habe. So lernte ich, zuversichtlich zu sein, dass ich auch in Zukunft mit schwierigen Situationen umgehen könnte. Denn ich war in der Lage, mich weiterzuentwickeln.

 

 

Fehler, die du beim Problemlösen unbedingt vermeiden solltest

 

  • Erwarte nicht, die ultimative Lösung für jedes Problem zu finden!

Mache dir bewusst, dass das Konzept des Problemlösens lediglich ein Prozessmodell ist. Das heißt, wenn du zwischendurch oder am Ende feststellst, dass du dich emotional mit einer gewählten Lösung nicht wohlfühlst, beginne wieder von vorn. Ggf. gewichte deine Pros und Kons der verschiedenen Lösungsmöglichkeiten neu und wähle dementsprechend neu aus.

Wie du an meinem Beispiel gesehen hast, hatte ich eher die Wahl zwischen Regen und Traufe als zwischen Gold und Platin. ABER: Allein die Wahl zu haben ist wichtig, um sich bewusst zu entscheiden, wie du mit der Situation umgehen willst.

In der Realität gibt’s nicht immer die beste Lösung zur Auswahl. Aber dennoch kannst du aktiv gestalten, Verantwortung für die Gestaltung der Situation übernehmen und zumindest Verbesserungen herstellen, ohne dich hilflos ausgeliefert fühlen zu müssen.

 

  • Erwarte nicht, dass dieser Prozess leicht ist oder schnell geht!

Mache dir bewusst, dass Probleme besonders schwierig und nicht mal eben zu lösen sein können. Mein Problem ist ein Beispiel für ein schwieriges Problem. Für mich war es damals zumindest eine große Herausforderung, mit dieser Situation umzugehen. Dazu hat es einige Gespräche mit meinen Freundinnen gedauert, bis ich mir einen konkreten Plan gemacht hatte, wie ich damit umgehen wollte.

Es ist ein Unterschied, ob du überlegst, deinen Job zu wechseln oder was du morgens anziehen willst. Das Schema des Problemlösens ist zwar das selbe, aber der Schwierigkeitsgrad ist ein völlig anderer.

 

  • Unterschätze nicht deine bereits vorhandenen Problemlöse-Skills!

Gerade wenn wir Probleme in großen Ausmaß vor Augen haben, denken wir oft „Wie soll ich das nur schaffen? Mir wächst das alles über den Kopf“. Vielleicht denkst du auch, dass sich das Problemlöseschema in der Theorie schön und gut anhört, aber in der Praxis niemals so umzusetzen ist.

Dann mach dir bewusst, dass du dieses Schema unbewusst sowieso schon jeden Tag mehrfach anwendest!

Wenn du morgens im Schlafanzug vor deinem Schrank stehst, löst du schon als erstes am Tag ein Problem:

Du klärst die Sachlage, indem du bemerkst, dass du noch einen Schlafanzug anhast. Dann klärst du, dass du das Ziel hast, etwas anderes anzuziehen. Du brainstormst nach Lösungsmöglichkeiten, indem du dir die Klamotten in deinem Schrank anschaust. Systematisch bewertest du, ob ein Kleidungsstück infrage kommt oder nicht. Wenn du ins Büro gehst, kommt das Business-Outfit wahrscheinlich eher infrage als der Glitzerfummel der letzten Party. Du triffst also eine Entscheidung und planst die Umsetzung, was in diesem Fall wohl recht einfach erscheint, weil du dich schon tausendfach angezogen hast und im Schlaf weißt, wie das geht. Anschließend bewertest du, ob du für den Anlass das richtige Outfit ausgewählt hast oder beim nächsten Mal vielleicht lieber eine andere Bluse zu der Hose nimmst.

Ja, auch wenn du jetzt sagst „Ach, das zählt doch nicht, das ist doch keine Herausforderung!“, ist genau das, was du tust, das gleiche Problemlösen wie bei großen, schwierigeren, herausfordernden Problemen.

Auch wenn wir solche einfachen Probleme unbewusst, fast schon automatisiert lösen, lösen wir trotzdem immer noch ein Problem. Es erscheint dir lediglich einfacher, weil du das gleiche Problem schon so oft gelöst hast, dass du Übung darin hast.

Eine derart schwierige Situation wie meine löst man irgendwann zum ersten Mal. Und dann erscheint sie eben doppelt schwierig, weil man NOCH keine Übung darin hat.

Mache dir aber bewusst, dass du schon so viele andere Probleme gelöst hast. Auch wenn diese vielleicht einfacher erscheinen, hast du sie irgendwann auch zum ersten Mal gelöst und seitdem Kompetenzen darin aufgebaut.

 

  • Erwarte nicht, dass eine einmal getroffene Entscheidung zu 100% Erfolg haben muss!

Ich hatte das weiter oben schon mal angesprochen: Es kann immer irgendetwas passieren, was du nicht vorhersehen konntest und deine Situation erschwert. Das gehört zum Leben dazu. Sei bereit, den Prozess ggf. nochmal neu zu starten.

 

  • Setze dir keine unrealistischen Ziele!

Unrealistische Ziele sind zum Scheitern verurteilt.

Mir war damals klar, dass es unrealistisch war, dass plötzlich Friede, Freude, Eierkuchen in meinem Team herrschte. Schön wäre es bestimmt gewesen, aber eben eine Illusion. Also musste ich tiefer stapeln und meine Erwartungen den realistischen Möglichkeiten anpassen.

Also: Kreativ und quer denken ja, unrealistisch denken nein.

 

  • Lasse nicht außer Acht, welche Ressourcen / Bedingungen dir zu Verfügung stehen!

Wichtige Aspekte sind oft Finanzen, zwischenmenschliche (unterstützende) Beziehungen, Wohnsituation, auch bereits vorhandenes Repertoire an Fähigkeiten (s.o.).

Für mich war damals das Geld ein wichtiger Aspekt, der meine Entscheidung beeinflusst hat. In der Ausbildung zum Psychotherapeuten verdienen Psychologen zum Teil sehr wenig, manchmal sogar gar kein Geld, müssen aber gleichzeitig hohe Kosten für die Ausbildung bewältigen. Ich hätte aber nicht einfach in jeder x-beliebigen Klinik arbeiten können, da die Ausbildung an bestimmte Stellen gekoppelt war.

Also war meine Entscheidungsfreiheit durch meine Lebenssituation begrenzt. Bzw. dadurch, dass ich an meiner Lebenssituation festhalten wollte.

Mache dir bewusst, dass auch situative Rahmenbedingungen manche Ziele realistischer oder unrealistisch machen können.

 

  • Überfordere dich nicht durch zu wenig konkretisierte Ziele!

Die Umsetzung von Lösungen wird umso schwerer, je diffuser sie sind. Scheue dich nicht, jeden noch so kleinen Schritt deiner Umsetzung zu planen, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass du ihn erfolgreich bewältigen kannst.

 

  • Übernimm die Verantwortung für dein Ziel!

Überprüfe, ob du dich wirklich genügend engagierst und alles tust, um dein Ziel zu erreichen. Du kannst nicht erwarten, dass andere es dir recht machen. Wenn du weiter unzufrieden bist, überlege dir, ob du evtl. nicht motiviert genug bist, die Schritte bis zum Ziel umzusetzen. Oder ob du das falsche Ziel als Lösung gewählt hast, was unrealistisch zu erreichen ist.

 

  • Verfalle nicht bei einem Misserfolg ins Nichtstun!

Wenn etwas nicht auf Anhieb klappt, verfalle nicht in Apathie und völlige Hilflosigkeit. Es ist normal, dass Hindernisse auftauchen, das gehört dazu. Nimm sie als neues Problem in deinen Problemlöseprozess mit auf und suche dir dafür ebenfalls Lösungsmöglichkeiten.

Nimm Misserfolge oder Hürden als Informationsquelle für die weitere Bearbeitung deiner Probleme zur Hand und lerne aus ihnen!

 

  • Tu’ es nicht als einfach ab, Probleme zu lösen!

Es gehört dazu, Angst zu haben, sich überfordert zu fühlen oder auf Rückschläge zu stoßen.

Ich weiß nicht, ob ich ohne meine geschätzten Freundinnen damals in der Lage gewesen wäre, mein Problem zu bewältigen. Vielleicht hätte ich die unangenehme Situation länger ausgesessen, wäre länger abends nach der Arbeit heulend nach Hause gefahren und hätte mich bemitleidet. Vielleicht hätte es länger gedauert, bis der Leidensdruck groß genug gewesen wäre, um aktiv etwas gegen mein Problem zu tun.

Damals hatte ich tierisch Angst, die falsche Entscheidung zu treffen und die Situation dadurch noch schlimmer zu machen. Das gehört jedoch dazu und zeigt, dass das Problem eben ernsthafter ist als die Auswahl des Outfits am Morgen.

Steck den Kopf dann nicht in den Sand! Sondern suche dir jemanden, mit dem du über dein Problem reden kannst, der dir Input gibt, vielleicht einen Perspektivenwechsel oder hilft, nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.

 

Ich danke dir herzlich fürs Lesen meines Artikels und hoffe, dass er für dich hilfreich war.

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Schreibe mir einen Kommentar:

Welche Probleme findest du leicht oder schwierig zu bewältigen? Was hilft dir dabei?

 

Bis bald,
Anna

 

 

Literatur:

D’Zurilla, T. J., & Goldfried, M. R. (1971). Problem solving and behavior modification. Journal of abnormal psychology, 78(1), 107.

Kaiser, A., & Hahlweg, K. (2009). Kommunikations-und Problemlösetraining. In Lehrbuch der Verhaltenstherapie (pp. 597-610). Springer Berlin Heidelberg.

 

 

 

 

 

 

 

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